Trotz langjähriger Bemühungen, Mehrsprachigkeit (gemeint sind v.a. Herkunftssprachen) im schulischen Rahmen zu fördern, kann behauptet werden, dass „die Forderung nach dem Umgang mit bzw. der Einbeziehung und Förderung von Mehrsprachigkeit […] weiterhin als uneingelöst gelten [kann]" (Lengyel, 2016: 507), was diverse Studien auch belegen (vgl. bspw. Dirim, 2017; Bredthauer, 2018; Mast & Sachse, 2021). Als Hauptursache hierfür wird der monolinguale Habitus, der an deutschen Schulen immer noch vorherrschend ist, gesehen (Gogolin, 1994; Oomen-Welke, 2000; Mast & Sachse, 2021). Der assimilative Ansatz, der mit Spracheinstellungen der Lehrkräfte nicht immer einhergeht, soll aus sprachideologischer Sicht einem besseren sozialen Zusammenhalt und Integration zuträglich sein (vgl. König, 2014; Piller, 2020). Die Schule befindet sich demnach im Spannungsfeld zwischen der zunehmenden Mehrsprachigkeit der Schülerschaft, dem monolingualen Habitus der Schule und einer trotz propagierter Einbeziehung von nicht prestigeträchtigen Sprachen, tief verwurzelten Einsprachigkeitsideologie (vgl. Gantefort & Maahs, 2020: 5). Die Erforschung dieses Problemfeldes hat insofern einen praktischen Nutzen, als (angehende) Lehrkräfte für den Umgang mit anderen Sprachen als Deutsch und Prestigesprachen im Sinne der Gewährleistung von gleichen Bildungs- und Berufschancen sensibilisiert werden müssen. In dem Zusammenhang scheint die Methode der Rahmenanalyse - auch für ein kontextsensitives Untersuchen und in Kombination mit anderen Methoden - vorteilhaft zu sein, da sie die Untersuchungsergebnisse nicht beeinflusst.
Das Rahmen-Konzept von Goffman (1977) wird in der Forschung als Analyseinstrument für eine systematische Untersuchung der Unterrichtskommunikation angesehen und angewendet, idem insgesamt drei Rahmen für jede Unterrichtsbeschreibung destilliert werden (Bräuer, 2011). Der gegenstandsbezogene Rahmen behandelt die Inhalte, der interaktionsbezogene setzt sich mit den Beziehungen auseinander und der institutionsbezogene legt den Fokus auf den Unterricht und folglich auf die Institution (Schule) als Rahmen, der zwar sprachideologisch von dem monolingualen Habitus geprägt ist, jedoch Fremd-, Herkunftssprachen und DaZ beinhaltet. Mit Hilfe der Rahmenanalyse lässt es sich identifizieren, analysieren und reflektieren, welche Rolle Sprachideologie und Spracheinstellungen (der Akteure) dabei spielen. Davon ausgehend werden sämtliche Änderungen erfasst und prognostiziert.
Rahmenanalyse kann sowohl unmittelbar im Feld wie auch bei korpuslinguistischen Untersuchungen (bspw. Korpus ApaeK) eingesetzt werden. Fruchtbar erscheinen auch Kombinationen mit anderen Untersuchungsmethoden. An Beispielen soll veranschaulicht werden, wie die Rahmenanalyse für die Untersuchung von Sprachideologien und Spracheinstellungen eingesetzt werden kann.
Literatur (Auswahl):
Bräuer, Christoph (2011): Die Unterrichtsrahmenanalyse – ein Beobachtungsinstrument für die praktische Forschung wie die forschende Praxis. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie. Kommunikation und Interaktion im Unterricht, 80, 13-31.
Eichinger, Ludwig M.; Plewnia, Albrecht; Schoel, Christiane & Stahlberg, Dagmar (Hrsg.) (2012). Sprache und Einstellungen. Spracheinstellungen aus sprachwissenschaftlicher und sozialpsychologischer Perspektive. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag.
Gantefort, Christoph & Maahs, Ina-Maria (2020). Translanguaging. Mehrsprachige Kompetenzen von Lernenden im Unterricht aktivieren und wertschätzen. https://www.uni-due.de/imperia/md/content/ prodaz/gantefort_ maahs_ translanguaging.pdf (zuletzt aufgerufen am 21.06.2022).
Goffman, Erving (1977): Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
König, Katharina (2014). Spracheinstellungen und Identitätskonstruktion. Göttingen: De Gruyter.
Mecheril, Paul (2001): Pädagogiken natio-kultureller Mehrfachzugehörigkeit. Vom „Kulturkonflikt" zur „Hybridität". In: Diskurs 10 (2001) 2, 41-48.
Piller, Ingrid (2020). Sprachideologien und ihre gesellschaftlichen Konsequenzen. In Gogolin, Ingrid; Hansen, Antje; McMonagle, Sarah & Rauch, Dominique (Hrsg.). Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung. Wiesbaden: Springer.